Das Listicle: Redaktionelle Resterampe oder die beste Artikelform?

Immer, wenn mir nichts einfällt, überlege ich, ein Listicle zu schreiben. Was das ist? Eine nummerierte Aufzählung kurzer Texte. Nicht mehr, aber oft viel weniger. Doch warum sind Listicles so attraktiv?

Listicles sind an sich nichts Neues. Schon früher druckten Redaktionen Top-Ten-Listen und allerlei anderes nummeriertes Zeug. Selbst auf dieser Website gab es schon 1996 die ersten Listicles. Sie haben es aber nicht weit gebracht.

Alte Website von 1998 mit Listicle
Haha! Ich war der erste. Oder einer der ersten, die Listicles online eingesetzt haben.

Warum lieben Leser Listicles?

Leser lieben Aufzählungen und Rankings. Und Listicles sind leicht zu verfassen.

Zunächst mal die Liebe der Leser zum Listicle: Irgend etwas tief in uns sehnt sich nach Aufzählungen. Entsprechend weit geht die Listicle-Kultur zurück. Nehmen wir die „Zehn Dinge, die wir tun und lassen sollen“ und nennen sie „10 Gebote“. Schon wissen wir dass Listicles keine Erfindung des Netz-Zeitalters sind.

Menschen mögen Aufzählungen. Warum? Hier meine Top-Theorien:

  1. Listen sortieren das Chaos
  2. Listen sind leicht zu lesen
  3. Listen sortieren nach Wichtigkeit
  4. Listen befriedigen die Lust auf Ordnung
  5. Listicles geben ein klares Versprechen: 10 Punkte, nicht mehr, nicht weniger

Und nicht zuletzt: Listen regen die Leser an, zu überlegen, ob sie ein Thema genauso sortieren würden.

Also: Listicles laufen gut. Nicht nur, weil man in der Headline schreiben kann „bei Punkt 5 musste ich weinen“.

Warum lieben Autoren Listicles

Für Autoren wiederum bieten die Listicles schnelle Inhalte. Tiefe Recherche ist nicht nötig, um fix „5 Tipps gegen vorzeitige Hautalterung“ zu schreiben. Wie viel Aufwand jedoch würde ein tief schürfender Beitrag über das Altern der Haut bedeuten?

Außerdem kann man Listen zu jedem Thema zusammenstellen – ausgehend vom Material, das man eh schon hat. Listen lassen sich prima rekompilieren. Ein Beispiel:

  1. 10 Tipps, mit denen Sie besser durch den Winter kommen
  2. 10 Tipps gegen Kälte im Haus
  3. 10 Tipps zu Winterreifen
  4. 10 Tipps, mit denen Ihre Kinder mehr Spaß im Winter haben
  5. 10 Tipps, mit denen Sie im Winter besser Auto fahren

So, fangen wir mit den Winterreifen an. Aus der Winterreifen-Liste (3) können wir dann ein paar Punkte in die Autoliste (5) übernehmen. Schließlich zählen die Winterreifen zur Sicherheitsausstattung eines Autos im Winter.

Natürlich lassen sich die Auto-Tipps auch prima im Listicle 1 unterbringen. Ebenso können Sie Liste 1 auch aus den Listen 4 und 5 speisen. Geschickt gemacht haben Sie einen prima Inhalte-Baukasten.

Resterampe

Also gut, Leser mögen Listicles, Blogger mögen Listicles. Alle mögen Listicles. Aber irgendwie bleibt so ein Beigeschmack. Es geht nicht tief genug.

Andererseits, was spricht dagegen, die Listicles zu kombinieren mit tiefer gehenden  Informationen. Sei es über Links zu weiter führenden Informationen auf der eigenen oder anderen Websites. Oder mit einem tiefer gehenden Beitrag unterhalb des Listicles. Auf diesem Weg sind die Listen ein proma Einstieg in ein Thema und der Begriff „Resterampe“ wäre nicht gerechtfertigt. Oder?

Lesen Sie hier weiter: Informative Texte strukturieren

—–

Informativ und journalistisch Schreiben lernen Sie in meinen Schulungen.

Mehr Information:

Schreibe einen Kommentar