Glosse: Die Psychoviren sind unter uns(PC DIREKT 1/2002)

Die Psychoviren sind da. Sie steuern auf perfide Weise den Benutzer und seine Daten in den digitalen Abgrund.

Der Virus ist die einfachste Lösung eines Computer-Problems. Sobald etwas nicht funktioniert, gilt ein „Schädlingsprogramm“ als Hauptverdächtiger. Dabei ist das totaler Quatsch. Bislang gilt: In 99 Prozent der Computer-Schadensfälle ist der Grafiktreiber schuld, weitere 30 Prozent gehen auf das Konto der SCSI-Terminatoren und zu 80 Prozent ist es schlicht Fehlverhalten des Nutzers. Schnelle Kopfrechner mögen mir diesen Abschnitt verzeihen.

Aber all diese arithmetische Akrobatik ist über den Haufen geworfen. Denn eine neue Generation von Viren bedroht uns: Die Psycho-Viren. Meinen Computer und mich hat dieser Virus vor einer Woche befallen.

Wir waren gerade umgezogen. Noch bevor Sofa, Kühlschrank oder Waschmaschine aufgestellt sind, will ich meinen Rechner ans Netz bringen. Nach dem Zusammenstöpseln und Anschalten des Rechners funktioniert zuerst alles einwandfrei. Doch dann schallt es aus meinen Dolby-digitalen Satelliten: „ffffbump“. Der Subwoofer untermalt das Tongeschehen sieben Oktaven tiefer. Der Laminat-Boden zittert leicht.

Für mich ist die Lage klar: Irgendwas fummelt da an der Soundkarte herum. Irgend ein Stück Software schießt quer. Oder vielleicht ist es ein Wackelkontakt? Doch den kann ich bald ausschließen.

„ffffbump“ — es kommt immer wieder. Mal beim Drücken auf Return. Mal beim Speichern der Datei. Zum verrückt werden! Nach dem Neustart ist das Geräusch erst einmal verschwunden, taucht aber bald wieder auf. Die Nachbarn unter mir hämmern entnervt mit dem Besenstiel gegen die Decke.

Panik. Das kann doch nur ein Virus sein. Also Virenscanner installieren und nachsehen. Der Scanner findet tatsächlich etwas: Den Parity-Boot-Virus. Aber so ein Virus macht nicht „ffffbump“. Unter Windows 2000 habe ich monatelang nichts von ihm gemerkt. Kein Grund also, etwa zu unternehmen.

Doch der Psychovirus schlägt genau in diesem Augenblick wieder zu. „ffffbump“. Sollte es doch an „Parity Boot“ liegen? Also lasse ich das Programm den Virus beseitigen. Die Warnung, dass hierbei der Boot-Sektor neu geschrieben würde, ignoriere ich.

Das Resultat: Der Rechner ist von Viren befreit — und auch von einer Partition mit 14 Gigabyte MP3-Dateien. Nicht genug damit, fange ich auch gleich danach noch an, die betroffene Partition neu zu formatieren. Derweil höre ich es wieder: „ffffbump“. Und diesmal sehe ich es auch. Ein animiertes Werbebanner auf meiner Homepage zeigt einen Stempel, der mit sattem Sound auf das Banner fliegt. Das ist also das Psychovirus.

Mein Tipp an Sie: Rufen Sie keinesfalls Internet-Seiten auf. Und wenn, dann tragen Sie Ohrenstöpsel oder schalten Sie die Lautsprecher ab. Nur so können Sie sich vor der gemeinsten Form der Computerviren schützen.

 

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